Der Film |

Hintergrund des Films

Auf den ersten Blick ist Lichtgestalten die Geschichte eines Paares auf der Suche nach seinem Platz in der Welt. Katharina und Steffen, beide mitte Dreißig, leben den Traum bürgerlicher Kreativschaffender. Sie haben eine tolles Apartment, eine erfüllte Beziehung, verfolgen aufstrebende Karrieren. Beide sind fröhlich verbunden mit der digitalen Welt, gerne dokumentieren sie ihr Leben in sozialen Medien und per Video.

Doch tief im Inneren haben die beiden ein Unbehagen, wie viele Menschen in ihrer Situation – nicht nur was ihr Verhältnis zur Technologie angeht, sondern auch den tieferen Sinn ihres eigenen Erfolgs. Also wagen die beiden ein Experiment: Sie filmen sich, wie sie systematisch all ihr Hab und Gut zerstören oder weggeben. Dadurch wollen sie eine gesellschaftliche Bewegung starten, die das zurück erobert, was sie verloren glauben: die Unmittelbarkeit eines wahrhaft gelebten Lebens.

Lichtgestalten setzt sich aus den eigenen fiktionalen Filmaufnahmen des Paares zusammen. Der Film legt nicht nur die Motive seiner Protagonisten offen, sondern auch einige der größten Ängste unserer heutigen Zeit: Es geht um die Rolle von Geld, den Wert persönlichen Erfolgs, die Auswirkungen der Technologie auf unser tägliches Leben und vor allem um die Bedeutung von Liebe. Dabei behält der Film eine große Offenheit, vermeidet eindeutige Bewertungen und entwickelt einen liebevollen Blick auf seine vielschichtigen Figuren.

Der Film spielt vorwiegend in der weitläufigen Maisonettewohnung des Paares. Die poetische Bildsprache von Kameramann Mario Krause eröffnet einen grenzenlosen Kosmos. Zusammen mit der Musik wird hier das rauschhafte Innenleben der Figuren sichtbar. Getragen wird Lichtgestalten von den Hauptdarstellern Theresa Scholze und Max Riemelt. Die beiden portraitieren ein eigentlich glückliches Paar, das darum kämpft, seinem Erfolg einen Sinn zu geben – und das versucht, eine Balance zu finden zwischen den persönlichen Bindungen und der Sehnsucht, sich von allem Bekannten loszureißen.

Theresa Scholze arbeitete schon mit Regisseur Christian Moris Müller bei seinem Kinofilm Vier Fenster zusammen, der auf der Berlinale 2006 Premiere feierte. Ihre mutige und authentische Darstellung brachte ihr viel Anerkennung ein. Außerdem fand sie beim deutschen Publikum Beachtung als Star der Fernsehserie Alisa – Folge deinem Herzen. Scholze erhielt eine Nominierung für den Grimme-Preis.

Max Riemelt trat u. a. in Die Welle, Wir sind die Nacht und zuletzt in dem erfolgreichen Film Freier Fall auf, in dem er einen Polizisten spielt, der sich in eine schwule Liebesaffäre stürzt. Er gewann den Grimme-Preis für seine Leistung in der 10-teiligen Serie Im Angesicht des Verbrechens. Bald wird Riemelt auch in einer Hauptrolle der mit Spannung erwarteten Netflix-Serie Sense 8 der Wachowski-Geschwister (Matrix) zu sehen sein.

Für Christian Moris Müller, der bereits für den Deutschen Drehbuchpreis nominiert war, sind die zentralen Fragen des Films auch zutiefst persönliche. Beim Schreiben des Drehbuchs trieb ihn die Absicht an, herauszufinden, ob es möglich ist, sich selbst neu zu erfinden, von vorne anzufangen. Die heutigen Navigationstechnologien – GPS, Google-Algorithmen und Amazon-Vorschläge – sieht er als Sicherheitsnetz, das „echte Erfahrungen“ verhindert. Dadurch ist in ihm der Wunsch gewachsen, „sich wieder zu verlieren“. Der Film ist sein Versuch, eine allgemeine Rebellion auszulösen.